22. April 1995: Knastbrüder

Gestern den Bosnier Daniel kennengelernt, ein Knastbruder der Saalischwilis. Wir trafen uns im Kloster. Als er mit seinen zwei Kumpanen in die gesetzt intellektuell/autonome Homokneipe eintrat, brachten sie, für die meisten Anwesenden deutlich spürbar, einen Hauch von möglicher Gewalt mit sich. Daniel ist zur Hälfte Moslem, zur andren Hälfte Serbe. Auf die Frage nach seinem Glauben antwortete er lachend: “Ich glaube an gar nichts; ich glaube nur an mich”. Sie gingen selbstsicher mir ihrer Macht in der fremden Umgebung um, benahmen sich also zurückhaltend und freundlich.
Daniel und sein mitgebrachter Knastkumpane haben Gaga unter ihre Fittiche genommen: Russen (ehem. Sowjets) und Balkaner halten zusammen. Daniel, der wegen versuchten Todschlags verurteilt wurde, erzählte, daß auch er, wie David, zunächst im Haus vier des Jugendvollzuges untergebracht war. Die Beamten dort sind dafür bekannt, daß sie Osteuropäer schikanieren. Diese können sich Knast intern nicht mehr so gut wehren, seitdem osteuropäische Nationalitäten so gut es geht dezentral untergebracht werden. Daniel gelang es aber mit der Hilfe von Freunden/Verwandten, einen Photoapparat einzuschmuggeln und die entsprechenden Beamten abzulichten. Darauf wurden diese von seinen Freunden unter Druck gesetzt. Daniel behauptet, daß er daraufhin wie ein König lebte (den Beamten schon am nächsten Tag direkt ins Gesicht lachte). Mit Arabern und Türken gäbe es keine Solidaritätsverbindungen, für Osteuropa aber seien diese interethnisch. Die drei selbst haben sich als Jugoslawen vorgestellt. Einer von ihnen (der, der nicht sitzt) wurde in Deutschland geboren.

Daniel behauptete stolz, daß ihn der Staranwalt Bossi aus München verteidigt hätte. Nur für eine Anreise desselben soll sein Vater 50. OOODM bezahlt haben. Er war deutlich stolz darauf, eine Tat begangen zu haben, für die er eine hohe Haftstrafe hätte absitzen müssen (mind. 8 Jahre), ebenso stolz aber auch darauf, daß sein Vater einen so guten Anwalt bezahlen konnte, der ihn fast rausgehauen hätte. Angeblich wurde er verurteilt, weil er mit drei Freunden sich mit drei Deutschen eine Schlägerei (ohne Waffen) geliefert hatte, im Verlaufe dera ein Opfer von ihm zum Krüppel geschlagen wurde. Auslöser soll eine “Geschichte mir der Kusine” gewesen sein.

Um diese kleinen Machtstrukturen (maifiösen) aufzubauen, müssen Menschen miteinander verbunden sein, die in der Lage sind für die Organisation und Ausführung von Privatgewalt viel Zeit zu investieren (hier: die Beamen auflauern, ihnen bis zur Wohnung folgen, dort eine günstige Gelegenheit abpassen, deren Gewogenheiten studieren). Und es müssen Leute sein, die einen normalen Alltag leben (keine Profiverbrecher). Für den Staat sind sie gefährlicher als jeder Schwerverbrecher, weil sie in Sachen Recht und Gewaltmonopol den Staat für ihre Gemeinschaft nicht anerkennen. Weningstens zur Kindermafia hat Georgi jetzt ja seinen ersehnten Zugang. Jugendliche sind in dieser Priv·atgewaltstruktur wohl oft die Exikutive.
Daniel ist von Mo – Fr zwischen 18.00 und 20.00 unter 413 89 21 zu erreichen.

Thea erzählte mir davon, wie sie und Mischa Georgi zum Narren gehalten hätten, indem sie ihn auf dessen ständiges Drängen, in Mafiakreise eingeführt zu werden (er, der künftige Präsident Georgiens, wollte nicht mehr wie ein Sklave bei Türken arbeiten) hin, auf den Straßenkünstler Georgi ansetzten. Bis dieser dann Georgi na xui schickte, hatte er vor dem dummen Jungen keine Ruhe.

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