Berlin, 26.10.1992: Partygeschichten & Katrins Räuberpistolen

“I am young, I’ve got nothing to say.” – “I am old, I’ve nowhere to go.”

Alte Seelen schreiben. Über junge Seelen wird geschrieben.

 

Bernd erzählte mir gerade von einer Party, auf der er mit Inna, Marie Caroline und Anja war. Der erzschwule Jens feierte Abschied und so war das andere Ufer bei ihm vollständig versammelt. Die arme Inna bekam einen ausführlichen Eindruck der deutschen Schwulenszene. Im Verlaufe ausgiebigen Alkoholkonsums geriet Bernd in die Fänge einer kräftigen Schönen, die erst Stück für Stück ihr von Inna und Marie prognostiziertes Hermaphroditendasein preisgab.

Die Ansätze von Bartstoppeln und die offene Einladung, mit ihm auf Toilette zu gehen, hatten Bernd aber eigenen Aussagen entsprechend, schon auf die sich anschließende Beweisführung im Bereich der Körpermitte vorbereitet. Auch waren Marie und Inna, ein lesbisches Pärchen vorgaukelnd, prophylaktisch über sie/ihn hergefallen, Marie seinen Busen zu fühlen, Inna ihre Lippen auf die seinigen zu pressen.

Deutschland scheint sich nun endlich wirklich nicht mehr zu vermehren.

Katrin erzählte mir auf der Herfahrt, wie ihr Exfreund Stechauge, unwillig im Prozeß des geEXTwerdens gefangen, mit einem Küchenmesser auf sie losging, um die Ursache seines unsäglichen Leides, nämlich die unerwiderte selbstlose Liebe zu ihr, zu töten. Katrin fand zum Glück Zeit, es Stechauge ins Bewußtsein zurückzurufen, daß er, der er nicht imstande ist, auch nur das kleinste Tröpfchen But zu sehen, ohne sich zu übergeben oder gar in Ohnmacht zu fallen, mit dem unabdinglichen Problem der Leichenbeseitigung, kaum zurande kommen würde. Daraufhin entschied sich der unglückliche Liebhaber flugs um, legte die Hände seines Liebchens um den Griff des Messers, seine fest obenauf und begann langsam wie bedrohlich die blitzende Klinge in Richtung seines Solarplexus zu bewegen. Katrin hatte die Faxen mittlerweile dicke und unterbrach das zaghafte Harakiri, indem sie ihr unförmiges Knie nachdrücklich gegen seinen Hoden zog. Während er sich am Boden krümmte, widmete sich Katrin wieder dem Abwasch, da das Wasser schon eingelassen war und jetzt kalt wurde. Stechauge hingegen, rappelte sich auf ein neues auf und begann Katrin von hinten zu würgen. Es gelang ihr aber, ihn abzuschütteln und aus dem Haus zu werfen.

Als sie einige Zeit später mit Body Guard vor seiner Haustür stand, um verbliebene Sachen abzuholen, öffnete Stechauge und schnauzte Katrin an: “Nächstes Mal kommst du aber pünktlich!” Seitdem hat es kein nächstes Mal gegeben.

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