Eriwan, Montag, 20. Dezember 1999

Es hat den Anschein als bereite sich das politisch/militärische und damit ebenfalls wirtschaftliche Establishment Armeniens auf ein (vorläufiges) Endspiel vor.

Vor dem Attentat im Parlament am 27. Oktober auf wesentliche politische Führungskräfte hatte es die um Präsident Kocharian gescharrte Fraktion des karabacher Klubs (nennen wir ihn der Einfachheit halber EKRPA, der gemeinnützige Zusammenschluß der Karabakhveteranen) in Angriff genommen, die Kriegerlobby, aus der sie selbst hervorgegangen sind und der sie die Entmachtung Ter-Petrosians verdankten, zu entmachten. Einflußreicher Führer dieses Blocks, dessen politischer Flügel, die Republikanische Partei, im Parlament zusammen mit … regiert und eng mit der militärischen Führung verwoben ist, war der erschossene Premierminister Sarkisian. Nachdem er politisch und wirtschaftlich auf den Schwingen EKRAPAs seinen persönlichen Höhenflug in seriösen Staatsämtern erreicht hatte, machte er Anstalten, die Ursuppe, die ihn hervorgebracht hatte, trocken zu legen:

  1. Er unterstützte den Präsidenten aktiv darin, den Karabachkonflikt, die ultimative Kinderstube EKRAPAs, aufzulösen;
  2. Er beteiligte sich aktiv daran, den notorischen Kriegstreiber, Gewaltunternehmer, Verteidigungsminister und Paten Babaian in Karabakh aus der Politik zu drängen und die Trassen von dessen bewaffneten Jungs zu räumen (die Erste-Hilfe Aktion im … dieses Jahres).
  3. Außerdem machte er wohl Anstalten, den Präsidenten in dem Bemühen, den Filz aus Militär, Korruption, Kriminalität und Politik zu entflechten, zu unterstützen.

Nach dem Attentat, für dessen Aufklärung sich die Militärstaatsanwaltschaft (EKRAPA) zuständig erklärt hat, sprach EKRAPA auf ihrer ersten Versammlung nach dem gewaltsamen Tod ihres Präsidenten diesen für heilig und wählten einen neuen Ersten Stellvertretenden Präsidenten Mamvel (Sarkisian wurde zum ewigen Präsidenten erklärt). Dieser ist ein Hardliner und offener Gegner des Präsidenten Armeniens. Außerdem gehört er zu der Sorte Kriegsherren, die einen Teil ihres Dienstes fürs Vaterland damit verbracht haben, Autos von weniger kriegerischen Fabrikdirektoren zu stehlen.

Die Militärstaatsanwaltschaft beschäftigt sich derzeit damit, die engsten Vertrauten des Präsidenten zu verdächtigen und neuerdings auch festsetzen zu lassen.

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